Flora, Fauna, Holz

30. März 2022, 9:00 Uhr | Jessica Stütz

Die Fokussierung auf den Klimaschutz hat dafür gesorgt, dass der Holzbau weltweit an Marktanteilen gewonnen hat. Dies gilt auch für den mehrgeschossigen Holzbau, dessen Entwicklung in der EU anfangs vor allem durch nationale Normierungen gebremst wurde.

Zu den bemerkenswerten Leistungen in diesem Bereich dürfte der Wohnturm „Stories“ in Amsterdam gehören – architektonisch ein positiv ins Auge fallendes Gebäude an einem städtebaulichen Knotenpunkt, das mit seinen drei Beton- und zehn Holzgeschossen nicht nur für Menschen gebaut wurde. Architekt Olaf Gipser, für den „Stories“ das erste Holzbauprojekt in dieser Größenordnung war, hat sich erfahrene Holzbauspezialisten aus Deutschland und der Schweiz mit ins Projekt geholt.

„Stories“ steht in Buiksloterham, einem traditionellen Industriehafen- und Arbeiterviertel Amsterdams, das nach dem Niedergang der Schwerindustrie infolge der Globalisierung nach und nach zum Wohn- und Arbeitsquartier umgebaut wird. Diesem Mischcharakter trägt auch „Stories“ insofern Rechnung, als in der breiten, 11 m hohen Betonbasis des Gebäudes Gewerbeflächen untergebracht sind.

Darüber erhebt sich ein 32,5 m hoher Turm in Holzbauweise, der 29 Wohneinheiten beherbergt, die zwischen 43 und – inklusive selbst ausgebautem Zwischengeschoss – ca. 235 m2 groß sind. Die Bewohner dieser Einheiten sind Mitglieder einer Baugruppe, die an der Gestaltung und Konzeption des Gebäudes entscheidend mitgewirkt hat.

Zentrale Vorgabe der Stadt an das künftige Quartier war eine nachhaltige Bebauung mit Baustoffen, die nach ihrer Nutzung weitgehend in den Stoffkreislauf zurückgeführt und neu genutzt werden können. Im Zuge dieses Nachhaltigkeitskonzepts wurde außerdem ein möglichst langer Lebenszyklus aller Gebäude anvisiert, was ein möglichst breites Spektrum an möglichen Umnutzungen einschließt.

Konstruktive Eleganz

Parallel zur Planung beauftragten der Architekt und die bei der Abwicklung des Projekts federführende Heutink Groep die Derix-Gruppe mit der Ausführung des Holzbaus. Die Tragwerksplanung übernahm das Planungsbüro Pirmin Jung.

Mit Blick auf die Statikpläne könnte man sagen, dass „Stories“ auch konstruktiv von schlichter Eleganz ist. Als senkrechtes Tragwerk dienen fast schon filigrane, 140 bis 240 mm starke Brettsperrholz (BSP)-Wandsegmente, die zusammen mit dem massiven Beton-Treppenhauskern und drei geschlossenen BSP-Wandscheiben rund um den Erschließungsbereich alle vertikalen Lasten im Gebäude aufnehmen. 15 BSP- Wandsegmente gibt es pro Geschoss. In einem Raster von 4,80 m positioniert, bilden sie die sieben Tragachsen des Gebäudes und sind parallel zu diesem ausgerichtet, was im Inneren offene Raumübergänge und flexible Raumkonstellationen ermöglicht. Außerdem wird so eine freie Gestaltung der Längsfassaden mit statisch unbelasteten Elementen möglich – zum Einsatz kamen Holzrahmenelemente, die über integrierte Glasflächen freien Blick aufs alte Hafenbecken bieten.

Flora, Fauna, Holz

Die haustechnische Erschließung nahe am Treppenhausschacht unterstützt die flexible Raumaufteilung (Foto: Olaf Gipser)
Die Anordnung der Tragachsen sorgt für viel Gestaltungsfreiheit (Foto: Heutig Group)
BSH-Elemente in einer Loftwohnung, aus Brandschutzgründen mit drei Lagen Gipsfaserplatten gekapselt (Foto: Luuk Kramer)

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